Im Interview für den CSR-Guide 2019

Dr. Christoph Müller zu den sustainable development goals

Sollen sich österreichische Unternehmen mit den SDG befassen? Wenn ja, wie ist das mit ökonomischen Zielen in Einklang zu bringen?

 

MÜLLER: In einer idealen Welt hat jedes langfristig denkende Unternehmen ein fundamentales Interesse an sozialverträglichen Wachstumschancen in einer intakten Umwelt. Es kennt sein Risikoumfeld sowie die positiven und negativen Effekte seiner Geschäftstätigkeit auf die SDGs. Der daraus abgeleitete Beitrag wird sich nicht auf Vorzeigeprojekte beschränken, sondern zu einer neuen ganzheitlichen Arbeitsweise im Kerngeschäft führen, ausgerichtet nicht mehr nur an kurzfristigen ökonomischen Zielen.

 

Sehen Sie einige Unternehmen/Branchen mehr dazu aufgerufen als andere? Wenn ja, wer kann/sollte sich am meisten damit befassen?

 

MÜLLER: Nachdem die SDGs beinahe alle Aspekte der Nachhaltigkeit abdecken –  prominente Ausnahme ist die Digitalisierung – sind alle Unternehmen gefordert, das Thema sehr ernst zu nehmen. Zahlreiche österreichische Unternehmen setzen sich bereits im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung mit den SDGs auseinander. Zukunftsorientierte Strategien, die die Wachstumspotenziale von globaler Nachhaltigkeit ausschöpfen, sind bisher eher die Ausnahmen. Generell gilt: Wenn wir die Wirtschaft, insbesondere die unternehmerische Wertschöpfung nicht entlang der Nachhaltigkeit organisieren, bleibt das Ziel der Nachhaltigkeit Illusion.

 

Gibt es konkrete Ansatzpunkte, die Sie Unternehmen empfehlen würden, etwa bestimmte Ziele oder bestimmte Herangehensweisen?

 

MÜLLER: Unternehmen sollten sich die Frage stellen, auf welche SDGs ihre Geschäftstätigkeit und Wertschöpfungskette den größten positiven und negativen Einfluss haben bzw. welche SDGs die größten wirtschaftlichen Potenziale bergen. Dies setzt Wissen sowie die richtigen Instrumente, Methoden und Entscheidungsverfahren voraus. Dabei muss den Unternehmen auch klar sein, wie sie mit den Erwartungen ihrer Aktionäre, Kunden und Stakeholder umgehen, wenn sie sich auf bestimmte SDGs konzentrieren wollen. Allgemein stellt sich natürlich auch die Frage, ob die Unternehmen auf gesetzliche Vorgaben warten oder auch unabhängig davon tätig werden?

 

Gibt es bereits österreichische oder internationale gute Beispiele unter Unternehmen?

 

MÜLLER: Generell verfügen österreichische Unternehmen in vielen von den SDGs benannten Herausforderungen über Know-how. Als Beispiele zu nennen sind etwa die Raiffeisen Bank International und die Mondi Group.

Dr. Christoph Müller ist Leading-Expert und

Mitglied im Advisory Board im Österreichischen Zentrum für Nachhaltigkeit sowie Ratsmitglied im Österreichischen Rat für Nachhaltige Entwicklung.